Forum P. Wilhelm Klein SJ Prolegomena |
Wer Pater Kleins handschriftlichen Nachlass aus der Zeit vor nunmehr fünfzig Jahren und was seine Schüler, von seiner "Rede" fasziniert, damals notiert haben, kennenlernen möchte, sei auf die vier Bände oder auf die CD verwiesen. Darin findet man u.a. Niederschriften einer Fülle geistlicher Texte von zeitloser Aktualität, die zu verinnerlichen, ja, zu meditieren sich immer wieder lohnt. Pater Klein war aber geistig nicht stehen geblieben, hatte weiter gedacht und im Laufe der folgenden Jahrzehnte auszusprechen versucht, was ihm damals in Rom, wie er später sagte, hie und da nur "aufgeblitzt" war. Was er davon in unzähligen Gesprächen und in Predigten vermittelte, erfahren wir heute nur noch über Zeitzeugen, deren Lebensweg er begleitet hat. Einiges davon ist in eher zufällig entstandenen Gesprächsaufzeichnungen und persönlichen Bekenntnissen und Berichten festgehalten worden. Am Pfingstmontag 2006 trafen sich nun acht Personen in München, um im Kolloquium herauszufiltern, welche Impulse Pater Klein der Kirche der Gegenwart und der Verkündigung der nach wie vor Frohen Botschaft im dritten Jahrtausend geben kann. Es ging dabei weiniger um Hilfen für sie selbst, auch nicht darum, etwas nur vordergründig Neues zu erfahren. Ausgangspunkt war, dass Klein schon vor vierzig Jahren voraussagte, dass es in der Kirche eine Art kopernikanischer Wende geben werde und es sich um einen Umbruch handele, der größer und gewaltiger sein werde als zur Zeit der Entstehung des Neuen Testamentes! Man mag eine solche Tendenz begrüßen oder bedauern, vielleicht sogar aus Überzeugung ihr Einhalt gebieten wollen, zu leugnen ist sie aber nicht mehr. Dass man Pater Klein als den "vermutlich bedeutendsten katholischen Theologen des zwanzigsten Jahrhunderts" bezeichnete (Karl Rahner), mag erstaunen lassen und neugierig machen, fordert aber nicht zu einer Stellungnahme heraus. Position bezieht da schon stellvertretend für viele Helmut Feld, einer der Zeitzeugen, wenn er sagt, dass die mögliche Weiterführung der Gedanken dieser sokratischen Gestalt der Neuzeit nicht in der Anpassung dieser Ideen an die Sprachregelungen eines herrschenden dogmatischen und wissenschaftlichen Systems liege, "denn gemessen an den zu seinen Lebzeiten und auch heute noch gebotenen Sprach- und Denkregelungen ist Wilhelm Klein der größte Ketzer des zwanzigsten Jahrhunderts, so wie es Origenes in der Alten Kirche, Franziskus von Assisi in der Christenheit des Mittelalters war. Mit diesen beiden teilt er die souveräne Unabhängigkeit eines die Zeiten überfliegenden Denkens ebenso wie die Betonung der Zugehörigkeit und der Treue zur Kirche. Eine Diskussion und Weiterführung der spirituellen, meditativen Theologie Kleins wird es geben, wenn noch mehr Texte aus seinem handschriftlichen Nachlass ans Licht gekommen sind und sich einige Theologinnen und Theologen der kommenden Generation finden, die genügend Mut und Unabhängigkeit haben, seinen Gedanken standzuhalten" (H. Feld). Helmut Felds Skepsis gegenüber der gegenwärtigen Generation scheint gerechtfertigt, wenn man bedenkt, dass selbst hoch angesehene Theologinnen und Theologen ihn und seine Ausdrucksweise nicht verstehen oder missverstehen müssen, weil sie entweder die erkenntnistheoretische Grundlage der Wilhelm Klein eigenen Denkform nicht wahrnehmen oder selbst auf einem gewissen Vorstellungs- und Denkniveau erstarrt sind. Andere, und zu denen darf man wohl Karl Rahner und mit Vorbehalt auch Karl Barth rechnen, haben ihn und sein tiefstes Anliegen vielleicht sehr gut verstanden, scheuten aber davor zurück, in ihrer Spätphase Teile ihres geistigen Lebenswerkes öffentlich in Frage zu stellen und zu revidieren. Ein solcher Schritt käme im Extremfall einer Kreuzigung der Seele, d.h. einem Verlust der erworbenen geistigen Identität gleich, würde, biblisch gesprochen, eine Metanoia erfordern. Dazwischen gibt es wohl Stufen der Erkenntnis. Allerdings wird es nicht möglich sein, alle Aussagen Pater Kleins in ein logisches Konstrukt zusammenzubasteln. Es wäre nicht sinnvoll, diesen Versuch zu machen. Primär sollte es darum gehen, die "Botschaft seiner Existenz in dieser Welt für uns" sichtbar zu machen, wie Peter Lengsfeld treffend sagte, denn worum geht es eigentlich? Was ersehnen Menschen und was wollen sie finden? Giuseppe Trentin bringt es am Ende in seinem wundervollen Buch auf den Punkt, wenn er fragt, was denn seine Schüler und außer ihnen so viele einfache Leute, bedeutende Theologen und Kirchenmänner, unter ihnen Bischöfe, Erzbischöfe, Kardinäle in Pater Klein gefunden haben. "Was fanden sie alle in ihm? Meine ein wenig banale Antwort ist, dass sie das fanden, was sie suchten: Einen Glaubenden, der im Glauben das sah und sehen ließ, was wir gewöhnlich nicht sehen. Und eben das ist, um den Ausdruck des 113. Psalms zu gebrauchen, den Augustinus (Conf. XII,2) kommentierte und den Pater Klein übrigens oft zitierte, der > Himmel der Himmel <. Was das bedeutete, wussten sie alle: > Sophia - Sapientia - Maria - Kirche < ." Aus dieser meditativ erfahrenen Mitte lebte Pater Klein und leitete aus ihr eine Befreiungstheologie in der Dialektik der Liebe her. "Die Liebe aber, die die Bibel mit dem Ausdruck αγαπη (agape) bezeichnet, kann - so merkte er an - in unendlichen Formen Gestalt annehmen und sich ausdrücken, und sie tut es auch tatsächlich" (G. Trentin).
|