P. Wilhelm Klein SJ P. Wilhelm Klein SJ
(1889 - 1996)

 

 

war einer der großen deutschen Spirituale (d. h. geistliche Begleiter und Berater) des 20. Jahrhunderts und wurde am 24. März 1889 in Traben an der Mosel als das fünfte von zehn Kindern geboren. Wie sein älterer Bruder Peter entschloss er sich, Priester zu werden. Er begann das Studium noch in Trier, sein Bischof schickte ihn aber bald schon ins Pontificium Collegium Germanicum et Hungaricum nach Rom, um seine Studien an der päpstlichen Universität Gregoriana fortzusetzen. Am 28. Oktober 1912 empfing er (mit besonderer Dispens, weil er noch zu jung war) durch Kardinal Respighi [1] die Priesterweihe. Schon im Germanicum spürte er den Wunsch, einmal Jesuit zu werden.

Zunächst aber kehrte er in seine Heimatdiözese zurück, wo er 1913 für kurze Zeit Kaplan war. Am 14. September 1913 trat er in s-Heerenberg ins Noviziat der Jesuiten ein. Im ersten Weltkrieg diente er als Divisionspfarrer und wurde Ende September 1918 schwer verwundet. Von 1919 bis 1921 absolvierte er verschiedene Spezialstudien in Philosophie und Theologie in Rom und in Freiburg i. Br., wo er bei J. Geyser (Koreferent war E. Husserl) promovierte. Die Arbeit behandelte "Die erkenntnistheoretische Kontroverse zwischen Nikolaus von Autrecourt [1] und Bernhard von Arezzo" [1] (Ein Beitrag zur Darstellung der Problementwicklung in der Scholastik), wurde aber nicht veröffentlicht.

Von 1922 bis 1929 war er Professor für Philosophie (ab 1925 auch Spiritual) in Valkenburg (Niederlande). Von 1929 bis 1932 wirkte er als Rektor, Regens und Professor der Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main. Ab 1932 findet man ihn sechs Jahre hindurch als Provinzial in Köln (1934/35 auch in Japan). 1938 nahm er an der Generalkongregation der Jesuiten in Rom teil. Anschließend kehrte er wieder nach Valkenburg zurück, wo er das Amt des Rektors übernahm. Er blieb dort bis zur Aufhebung des Kollegs durch die Gestapo am 7. Juli 1942. In den folgenden Jahren des Zweiten Weltkrieges (bis 1945) war P. Klein als Exerzitienmeister für Ordensleute im Bistum Paderborn tätig. Nach dem Krieg wird er bis 1948 als Professor und Spiritual ins Priesterseminar von Hildesheim geschickt. Noch einmal nahm er als Delegierter an der 29. Generalkongregation in Rom teil (1946).

Von 1948-1961, also für einen recht langen Zeitraum, war P. Klein Spiritual im Collegium Germanicum et Hungaricum in Rom. In deutlich spürbarer Weise inspirierte er dort eine zahlreiche Theologengeneration, aus der viele an wichtigen kirchlichen Stellen sozusagen "Multiplikatoren" des Glaubens wurden. Fast alle betonen, dass P. Klein die entscheidende Prägegestalt ihres Lebensweges war, was freilich nicht ausschließt, dass sie sich unterschiedlich entwickelt haben. Zu seinen "Schülern" gehörten die Kardinäle K. Lehmann und Fr. Wetter, die Bischöfe L. Averkamp, L. Kada, A. Kleinermeilert, A. Schlembach, J. Voß, A. Wagner, O. Wüst, G. Zur und die Professoren G. Bachl, G. Greshake, P. Hünermann und H. Küng. Erwähnenswert wären gewiss noch manche andere. Ich kann hier nur einige aufzählen. P. Klein würde gewiss noch hinzufügen: "Ich habe gepflanzt, Apollo hat begossen. Gott aber ließ wachsen" (1 Kor 3,6) "Und jeder soll darauf achten, wie er weiterbaut" (1 Kor 3,11).

Eigentlich wäre P. Klein gerne noch länger Spiritual im Germanicum geblieben. Einige Studenten und vor allem die Verantwortlichen in der römischen Kurie drängten jedoch auf seine Ablösung. Anscheinend sollte nach einer Periode der "Freiheit und Offenheit" im Leben des Kollegs wieder eine strengere Ordnung und Disziplin eingeführt werden. Deshalb wurde P. Klein ins Paulushaus nach Bonn versetzt, wo er von 1961 bis 1988 lebte und wirkte, zunächst bis 1966 als Superior (Oberer) und dann einfach als Exerzitienbegleiter, Prediger und Seelsorger. Dort und im Collegium Albertinum feierte der damals 93-jährige am 31. Oktober 1982 mit vielen Gästen auch sein 70. Priesterjubiläum. In seiner Predigt sprach er über das so oft wiederholte Thema "Den Nächsten lieben in Gott" und außerdem über den Thesenanschlag Martin Luthers in Wittenberg. "Seelsorger im Paulushaus", diese Bezeichnung trifft ziemlich genau sein ganzes Leben, nicht bloß, weil er die Briefe des Apostels so begeistert zu kommentieren verstand, sondern weil seine ganze Art und Weise irgendwie an diesen erinnerte.

Im Jahre 1988 zog P. Klein dann ins Seniorenheim seines Ordens nach Münster um, was für ihn keineswegs problemlos und selbstverständlich war. 1989 erlebte er dort im Haus Sentmaring seinen 100. Geburtstag und am 28. Oktober 1992 den Jubiläumsgottesdienst zum 80. Jahrestag seiner Priesterweihe, der wiederum viele Freunde und Verwandte um ihn scharte. Darunter war auch der päpstliche Nuntius Lajos Kada, der in seiner Ansprache auszudrücken versuchte, was P. Klein so jung bleiben ließ: "Offenheit und Mut, Verständnis und ein großes Herz, in dem Vieles und viele Platz haben. Vor allem aber auch ein Geist und ein Intellekt, der sich nicht mit vorletzten und vorläufigen Antworten zufrieden gibt". Es versteht sich von selbst, dass mehrere Zeitungen und das Fernsehen über dieses Jubiläum berichteten.

Man mag es bedauern, dass P. Klein keine Bücher publiziert hat, ein bloßer Zufall war es nicht. Eindringlich wiederholte er oft den Satz: "Der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig" (2 Kor 3,6). Um diesen lebendigen Geist nicht einzuschränken oder zu begrenzen, zog er das gesprochene Wort dem gedruckten vor. Besonders gern zitierte er den 1. Johannesbrief: "Wir wissen, dass wir aus dem Tod in das Leben hinübergegangen sind, weil wir die Brüder lieben" (3,14). Für ihn war die Liebe das alles Entscheidende. In den frühen Morgenstunden des Sonntags, an dem die Kirche das liturgische Gedächtnis der Taufe Jesu feierte, am 7. Januar 1996, wurde P. Klein für immer in die ewige Liebe des dreieinigen Gottes heimgerufen.

Franz-Josef Steinmetz SJ