OKI-Logo Kurze Einführung zu den
"Allgemeine Prinzipien und praktische Normen
für die Koordinierung der Evangelisierung und des ökumenischen Engagements der Katholischen Kirche
in Rußland und in den anderen Ländern der GUS"


Für die Arbeit von "Kirche in Not", für die Arbeit der Solidaritätsaktion RENOVABIS und aller im Osten hilfsbereit Engagierten gibt es ein Jubiläum, das vielleicht mit Studientagen und Symposien gefeiert werden kann.

Auf einer Sitzung der Kommission "Kirchen im Dialog" der KEK (Konferenz Europäischer Kirchen) in Armenien im Frühjahr 2001 kam das Gespräch auf ein Dokument voller ökumenischer Sensibilität, das 2002 zehn Jahre alt ist und doch immer noch manchen engagierten Ökumenikern unbekannt: das Schreiben aus Rom vom 1. Juni 1992 "Allgemeine Prinzipien und praktische Normen für die Koordinierung der Evangelisierung und des ökumenischen Engagements der katholischen Kirche in Russland und in den anderen Ländern der GUS".

Rom als "Ökumenischer Weltrat" der katholischen Teilkirchen auf dem Erdball kennt die starke Betonung der nationalen und konfessionellen Identität im Osten Europas, kennt die Gefahren einer Vermischung von nationalen und konfessionellen Aspekten, zumal in den katholischen Teilkirchen Osteuropas die Beschlüsse des II. Vatikanischen Konzils (1962 bis 1965) zum ökumenischen Zusammenwirken nur zögernd bekannt werden. Wenn schon zwischen den "in vollkommener Einheit" mit Rom stehenden Ortskirchen Abwerbung und Proselytismus gefürchtet werden, wieviel mehr dann gegenüber den "in fast vollkommener Einheit" mit Rom stehenden orthodoxen Ortskirchen, "deren Bischöfen Gott einen Teil des Volkes Gottes anvertraut hat" (Johannes Paul II., Schreiben an die Bischöfe in Europa 31. Mai 1991, Nr. 5).

Die römische Kommission "Pro Russia" hielt es deshalb 1992 für nützlich, "Allgemeine Prinzipien" in Erinnerung zu rufen. Auch im Westen überraschte der Aufruf zum Verzicht der katholischen Seelsorger zugunsten orthodoxer Initiativen, die katholischen deutschen Medien z.B. veröffentlichten die "Prinzipien" erst, nachdem Johannes Paul in seiner Ansprache zur Woche des Gebetes für die Einheit der Christen 1993 die "Prinzipien" ausführlich zitierte als Modell für den Umgang mit anderen Konfessionen.

Die Kommission "Pro Russia" wurde am 15. Januar 1993 zu einer "Ständigen Kommission für die Kirche in Osteuropa" aufgewertet, mit dem Kardinal-Staatssekretär als Präsidenten.

Die "Prinzipien" sind praktische Konsequenzen der theologischen Ergebnisse des 2. Vatikanischen Konzils und der Dialoge, z.B. bzgl. der Sakramentengemeinschaft (Synodalbeschluss des Moskauer Patriarchates vom 16.12.1969, can. 844 des Kirchlichen Gesetzbuches Rom 1983). Sie werden bestätigt durch das Schreiben Dominus Jesus (Nr. 17) vom 6.8.2000. Viele Menschen in Russland, die jeder Kirche fern standen in der Zeit der Sowjets, finden zufällig Kontakt mit der katholischen Kirche in Russland und möchten ihr beitreten, obwohl ihre Vorfahren orthodox waren. Die Prinzipien verbieten z.B., dass der katholische Klerus um solche Beitritte wirbt. Wenn Menschen von sich aus darum bitten, ist der katholische Priester in Russland verpflichtet, genau zu prüfen und sie dazu zu bringen, sich ihrer Verpflichtungen gegenüber ihrer Ursprungsgemeinschaft bewusst zu werden (I, 5).

Die russische, die armenische, die georgische Kirche empfinden es bitter, wenn jetzt, nach Jahrzehnten des Terrors durch eine atheistische Staatsmacht, eine Schwesterkirche jene Menschen an sich zieht, die sie, diese orthodoxen Kirchen, in der Verfolgungszeit nicht begleiten konnten. Anstatt die zu wenig Betreuten in die katholische Kirche aufzunehmen, soll der katholische Klerus vielmehr der orthodoxen Kirche nach Kräften beistehen. Die "Prinzipien" sagen: wenn es die Umstände erlauben, sollen sich die Hirten der katholischen Kirche für eine Zusammenarbeit mit den orthodoxen Bischöfen bei der Entwicklung von pastoralen Initiativen der orthodoxen Kirche einsetzen und sich freuen, so zur Heranbildung guter Christen beitragen zu dürfen. (II, 4)

Die katholischen Bischöfe sollen (II, 2) darauf achten "dass keine Aktivität innerhalb ihres kirchlichen Jurisdiktionsbereiches Gefahr läuft, als eine parallele Evangelisierungsstruktur ausgelegt zu werden. Sie sollen die orthodoxen Bischöfe über alle wichtigen pastoralen Initiativen informieren, insbesondere wenn es um die Errichtung neuer Pfarrgemeinden … geht."(II, 3)

Dr. Klaus Wyrwoll