OKI-Logo Primat der Liebe
an der steinernen Brücke

 

Ein Ort des "Dialogs der Liebe und des Lebens": Im ehemaligen Clarissenkloster an der Donau in Regensburg werden Kurienkardinal Walter Kasper die Photos aus den ersten Jahren des Ostkirchlichen Instituts (OKI) gezeigt. Überraschung?: Aus dem Gruppenphoto des Symposiums 1974 in Athen blickt der junge Theologieprofessor Josef Ratzinger seinen Ökumene"minister" an. Der ist heute das erste Mal hier im Haus mit dem kleinen idyllischen Klostergarten- Birnbäume, viele Blumen und ein winziger Seerosen-Teich und der kleinen byzantinischen Kapelle mit wundervollen Ikonen. Wie Altbischof Scheele, Bischof Feige und Kardinal Spidlik als Ehrengast der Jubiläumstage: Seit 30 Jahren kann das OKI hier im Haus Stipendiaten und Gäste aus den Ostkirchen aufnehmen, seit 40 Jahren gibt es Ostkirchenarbeit und Orthodoxe Stipendiaten an deutschen katholischen Fakultäten. Gut 50 Ehemalige waren Tags zuvor zusammen mit den Vertretern aller christlichen Kirchen in Bayern und dem Papst, einem alten "OKIaner" sozusagen, in den hohen Dom zu Regensburg eingezogen: Freunde des Papstes aus seiner Regensburger Zeit. Er hat die Stipendiaten an der Fakultät betreut. In St. Ulrich, der Statio vor der Prozession zur Vesper begrüsste er viele von ihnen persönlich.

Bei der lateinisch-deutschen katholischen Vesper in die sich der byzantinische rumänisch gesungene Licht-Hymnus (der auch im römischen Ritus bei manchen Gelegenheiten anzustimmen ist) und ein orthodoxer Festgesang zum gemeinsam in Ost und West verehrten hl. Kirchenvater Chrysostomus vor der auf Wunsch des OKI im Hochchor befindlichen wertvollen Armreliquie aus dem Domschatz einfügte, beides von ehemaligen Stipendiaten gebetet, hat der Papst in seiner Predigt auf die wertvollen Freundschaften hingewiesen, die er, soweit es orthodoxe Freunde sind, eben der Initiative der deutschen Bischofskonferenz: Einrichtung einer Ökumene –Kommission 1966 mit einer eigenen "Sektion": Kirchen des Ostens und dem damaligen Regensburger Bischof Graber als Leiter verdanke. Damit orthodoxe Studenten in Deutschland auch an katholischen Fakultäten Theologie studieren konnten- bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts waren sie als Stipendiaten evangelischer Kirchen und der altkatholischen Kirche im Land, musste erst aus dem Vatikan –1962- angeordnet werden, dass Studenten aller christlichen Kirchen alle akademischen Grade in Theologie erwerben können- ohne den damals erforderlichen Antimodernisteneid ablegen zu müssen. Zwei junge deutsche Studenten des Collegium Germanicum hatten das bewerkstelligt, die ein paar Jahre später ihre Liebe zu den Ostkirchen als Rektoren des OKI weitertragen konnten. Albert Rauch, er war von Anfang an als Geschäftsführer der Sektion "Kirchen des Ostens" beauftragt und dann auch sein Wegefährte Nikolaus Wyrwoll. Nicht nur theologische Fachsimpelei, sondern persönliches Kennenlernen der Spiritualität der Ostkirchen, der Menschen war ihnen wichtig. Dafür lernten Sie neben Griechisch und Russisch mehrere osteuropäische Sprachen.

Das Ökumene Dekret von 1965 hat empfohlen, Kontakte unter den Ortskirchen zu etablieren, da es für kleine orthodoxe Kirchen schwierig sei, direkte Kontakte zu Rom aufzunehmen. 1966 sandten die orthodoxen Bischöfe erstmals orthodoxe Studenten auf katholische Fakultäten in Deutschland, zugleich erwarteten sie sich theologische Beiträge –die ersten Dialogreihen begannen, von denen der Papst in seiner Ansprache bei der Vesper "geschwärmt" hatte. U.a. wurde 1989 bereits hier um "Primat und Patriarchat" gerungen.

Mit den damaligen Patriarchen in Konstantinopel, Sofia, Belgrad und Bukarest legte man gemeinsame Richtlinien für das interkonfessionelle Stipendienprogramm fest: Die Studenten sollen die deutsche Sprache erlernen, zu ihren persönlichen Studien an den Universitätsbibliotheken auch eine allgemeine ökumenische Bildung erwerben, auch über Tagungen bei katholischen und evangelischen Einrichtungen in Deutschland und Westeuropa Letzten Sommer fand sich die ganze Schar dazu in der Lutherstadt Wittenberg ein, aber auch Italien, ein Rombesuch sind Pflichtprogramm. Akademische Abschlüsse sollen sie aber möglichst an ihren heimischen Unis machen. Mehr als 700 Stipendiaten, aus denen später 35 Bischöfe hervorgingen, Professoren, Äbte oder Äbtissinnen, sind heute in kirchlichen Einrichtungen im Sinne der Ökumene tätig: vom "Primat der Liebe" bewegte Zeugen in Bulgarien, Griechenland, Makedonien, Rumänien, Russland, Serbien, Ukraine, Weißrussland, in Ägypten, Äthiopien und Indien (Kerala). Bei ihrer Herbstvollversammlung 2005 hat die DBK die Fortführung dieser fruchtbaren Stipendienarbeit einmütig beschlossen, ein Verdienst des "Motors" und Chef der Arbeitsgruppe "Kirchen des Ostens", Bischof Feige von Magdeburg. Zahlreiche Grußworte von Patriarch Alexij II., Metropolit Kyrill (Ökumene) und Metropolit Filaret (Bildung), die Grüße des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios wurden von Professor Grigorios Larentzakis, einem langjährigen Gast der OKI – Symposien überbracht bestätigten den hohen Grad an Wertschätzung. Auch Chiara Lubich war unter den Gratulanten und zahlreiche Mitglieder der Fokolarbewegung anwesend, die von Bischof Graber damals um Mitarbeit gebeten worden war. Ex-Stipendiat (1977-79) Vladimir Fedorov aus St. Petersburg, Theologieprofessor und Berater im Weltkirchenrat erinnert sich an die späten 60 er Jahre: "Damals war bereits eine in Brüssel übersetzte russische Ausgabe von Ratzingers "Einführung ins Christentum" im Umlauf, eine wichtige Lektüre für orthodoxe Russen. Seine Theologie wollen wir ganz genau studieren, alle seine Werke, mit seiner Relativismuskritik und wie er die Problem des Säkularismus betrachtet, damit sind wir natürlich sehr einverstanden." Fedorov hatte kurz nach der Papstwahl weitblickend an seine Freunde im OKI geschrieben: "…Mir gefällt sehr, dass das Thema Vernunft und Glauben dem neuen Papst so nah sind."…"Ein Papst, Liebhaber der wahren Lehre der Apostolischen Kirche und der Tradition der Kirchenväter, ein würdiger Nachfolger…", schrieb mit vielen anderen "Ehemaligen" auch Gheorghe Anghelescu, vormaliger Staatsminister für die Konfessionen und Religionen. Mit den Ehemaligen pflegt das OKI familiäre Verbundenheit: Viele kommen in den Ferienmonaten um an der ausgezeichneten Bibliothek in Regensburg ihre Studien zu vertiefen. Die beiden "Väter der Ökumene", Rauch und Wyrwoll reisen aber auch unermüdlich und gern zu ihren vielen Söhnen und Töchtern oft auch in Begleitung des heimischen Freundes- und Förderkreis, oder von Priesterseminaristen, Religionslehrern. Spirituelle Begegnungsreisen zu Klöstern und Freunden, Anwesenheit bei ökumenischen Kongressen und Symposien, durch die Übernahme einiger Themen in den offiziellen Kirchen – Dialog, ist nun Platz für "anlassbezogene Projekte", sagt Rauch: Etwa – in Zusammenarbeit mit dem Moskauer St. Andrew-Institut über die großen russischen Denker Solov’ev, Floresnkij, Bulgakov, Berdjaev. Während Direktor Rauch sich auch interreligiös, im Dialog mit dem Hinduismus engagiert, ist sein Stellvertreter inzwischen der gefragteste Konsultant für orthodox-katholische Angelegenheiten beim Vatikanischen Einheitsrat, das OKI sei ja eigentlich eine "deutsche Sektion" von diesem, erinnert Kardinal Kasper bei seinem Grußwort. Er bezeichnete den Beginn der neuen Dialogrunde dieser Tage in Belgrad und das erstmalige offizielle Treffen aller altorientalischen Kirchen mit der Katholischen Kirche als "Eintritt in einen neue Phase der Bemühungen" um die angestrebte "sichtbare Einheit der Kirchen". Johannes Oeldemann vom Ökumenikinstitut in Paderborn nannte als zukünftige Schritte eine nüchtern Wahrnehmung der jeweiligen Tradition und die Regionalisierung des Dialogs, wie etwa jetzt im Zusammenhang mit der 3. europäischen ökumenischen Versammlung in Sibiu 2007, während Grigorios Larentzakis noch konkreter das gemeinsame Feiern von Heiligenfesten, wie z. B. des populären hl. Nikolaus auf Gemeindeebene vorschwebte.

Liebe zur Ostkirche und Großherzigkeit sind die Pfeiler auf dem die Arbeit des OKI so gute Früchte hervorgebracht hat, denn finanziert wird das Ganze mit einem kleinen Etat, dem Pfarrergehalt, "Umwegbezuschussungen" für Projekte und viel sogenannter "Ehrenamtlichkeit". Ein treuer Förderkreis hilft, wo es geht, man vermeidet bewusst Sponsorenabhängigkeit.

"Möglichst viel Begegnung und möglichst viel Freundschaft" bringt Kardinal Kasper strahlend das prophetische "Familienmodell" des OKI auf den Punkt. Dann lässt er sich bereitwillig für’s Familienalbum der OKIAner photographieren, Kinder wollen Autogramme, weichen nicht von seiner Seite, mit schwäbischer Herzlichkeit kommt er mit ihnen rasch ins Gespräch.

Claudia Schneider, Wien