Reaktion auf die Begegnung
mit Wilhelm Klein

 

Sehr geehrter Herr Professor Trentin,

seit einiger Zeit studiere ich mit wachsemden Interesse Ihr Buch und im Wechsel dazu die verschiedenen Bände von Wilhelm Klein.
Leider bin ich ein Spätzünder, d.h. im Juni war ich 89. Aber ich habe angefangen, nach meinem Schlaganfall vor zehn Jahren, wieder zu trainieren, nicht um ein großer Sportler zu werden, sondern um den Geist nicht einschlafen zu lassen.
Ein in Deutschland vor der Nazizeit berühmter Redner, Kaplan Helmut Fahsel, brachte mir bei, dass es nicht heißt : "In einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist", sondern: "Lasset uns beten, dass in einem gesunden Körper ein gesunder Geist wohne." Daran denke ich.

Nun zu Ihrer Schrift über Wilhelm Klein. Erstens kann ich mich nur wundern, dass Sie als Italiener wahrscheinlich die erste nennenswerte Veröffentlichung über Wilhelm Klein verfasst haben. Und der Titel zeigt bereits das Wesentlichste über den Inhalt seiner Bücher an. Diese Gedanken über "bereschit" sind mir seit Beginn meines Studiums ein Begriff und neben meiner Kriegszeit (u.a drei Winter in Russland) und Hungererfahrung in Gefangenschaft eine wesentliche Motivation für das Studium der Theologie und Priesterwerden.

Ich kam durch Wladimir Solowjew (1853-1900), den Dostojewski als Vorbild für Aljoscha in den "Brüdern Karamasow" genommen hatte, zu der Interpretation des "reschit". Ich sage aus dem Gedächtnis sein Zitat: "Es ist eine völlige Verkennung des Genius der hebräischen Sprache anzunehmen, dass das Buch der Bücher mit einem Adverbiale der Zeit beginnt". Weiterhin meint er: "Reschit - der weibliche Anfang oder das weibliche Haupt eines jeden Seins, enthält in sich die das geteilte und zerrissene Sein einigende Macht, die Einheit, welche Gott mit der außergöttlichen Existenz verbindet." Am Anfang ist sie "reschit", am Ende "malkut", die ganz verwirklichte Einheit von Schöpfer und Schöpfung. (Ich erinnere mich, dass der "poneros" nach Wilhelm Klein an der Trennung von Schöpfer und Schöpfung ‘interessiert’ ist)
Dieses "reschit" ist auch die geschaffene Weisheit und kommt in diesem Begriff im Buch der Weisheit vor.

Das sind nur wenige Andeutungen aus den Bänden von Solowjew. Ich fragte einmal am Telefon Klaus Wyrwoll ob Wilhelm Klein Solowjew gekannt habe. Er meinte, wahrscheinlich nur dem Namen nach. Ich habe aber immer mehr den Eindruck, auf Grund der vielen Parallelaussagen gerade über die Weisheit, dass Wilhelm Klein Solowjew gekannt hat.

Ich habe mich immer gewundert, dass ich über Solowjew in der Theologie nichts gehört habe und so ähnlich erscheint es mir auch Wilhelm Klein. Wahrscheinlich ist der "poneros" interessiert, dass sich niemand dafür interessiert.

Hoffentlich habe ich Sie mit diesen laienhaften Ausführungen nicht belästigt. Ich habe nie wissenschaftlich gearbeitet, sondern war als Studentenpfarrer u.a auch sehr beschäftigt mit der Dritten Welt, besonders mit Afrika, wo ich dreißig Mal in meinem Urlaub gewesen bin um die Unterstützung der verschiedenen Projekte zu kontrollieren und im Foto festzuhalten. Ich konnte insgesamt, in Euro gerechnet, 6 Millionen überweisen. Jetzt kann ich mir solche Reisen nicht mehr leisten und beschäftige mich zunehmend mit Wilhelm Klein und Ihren so bewegenden Ausführungen.

Mit bestem Gruß und Segenswünschen
Ihr
Hermann Kiefer, Pfarrer i.R.