OKI-Logo Das "filioque"
in der Diskussion

 

Stellungnahme von
Prof. Dr. Thomas Bremer, Münster

 

Aus dem selbstverständlichen Gebrauch des "filioque" in den "lateinischen" Kirchen, könnte der Eindruck entstehen, dass es zur Vorbedingung gehört, um Communio mit der "römischen" Kirche und dem Papst zu haben. Allerdings bezeugen die katholischen Ostkirchen, die in Gemeinschaft mit dem Papst leben und die das Glaubensbekenntnis so beten wie ihre Glaubensgeschwister in den orthodoxen Kirchen (nämlich ohne das "filioque"), dass es zwar im Westen allgemeiner Usus ist, aber doch nicht zum Kernbereich des Glaubensbekenntnisses gehört (sonst dürfte es nirgends fehlen).

Einige Beispiele "aus der Praxis": In den Gottesdienstvorlagen zur Weltgebetswoche für die Einheit der Christen war in den Jahren 2007 und 2009 jeweils auch das Nicaeno-Konstantinopolitanum enthalten, beide Male ohne "filioque". Dasselbe gilt für den Ökumenischen Gottesdienst aus Anlass der Unterzeichnung der gegenseitigen Taufanerkennung in Magdeburg am 29. April 2007.

In den von Kardinal Lehmann im April 2008 für seine Diözese in Kraft gesetzten Richtlinien für Ökumenische Gottesdienste findet sich ein eigener Abschnitt zum Thema "Glaubensbekenntnisse" (Nr. 7, S. 25-27), in dem das Nicaeno-Konstantinopolitanum ebenfalls in seiner ursprünglichen Fassung zitiert wird. In den einführenden Worten heißt es dazu, dass diese Form bei Ökumenischen Gottesdiensten "immmer häufiger in Gebrauch gekommen" sei.
In der alten Papstmesse wurde das Credo immer auch auf griechisch gesungen, selbstverständlich in der Urform, also ohne "filioque". Johannes Paul II. hat diese Lesung des Credos auf griechisch wieder eingeführt. Das Dokument der Glaubenskongregation "Dominus Iesus" vom Sommer 2000 beginnt mit dem Credo - in allen Sprachen außer französisch ohne "filioque" (Die jetzige Ausgabe dieses Dokuments durch die Deutsche Bischofskonferenz hat im Gegensatz zur ersten Auflage das "filioque" im Text. - Wie es dazu kam.).

In den Schriften der Deutschen Bischofskonferenz findet sich etwas zum "filioque" nur in:
Die Sakramente (Mysterien) der Kirche
und die Gemeinschaft der Heiligen
Dokumente der Gemeinsamen Kommission der
Griechisch-Orthodoxen Metropolie von Deutschland
und der Deutschen Bischofskonferenz,
Arbeitshilfen Heft 203 (2006), Fußnote 17
Der Glaube an den dreieinen Gott.
Eine Handreichung der Glaubenskommission
der Deutschen Bischofskonferenz
zur Trinitätstheologie
Die Deutschen Bischöfe 83 (2006),
Seite 83, Ziff. 106.

Ein Dokument der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands ist hier zu erwähnen:
Ökumenisch den Glauben bekennen.
Das Nicaeno-Constantinopolitanum von 381
als verbindendes Glaubensbekenntnis.
Stellungnahmen der VELKD 139/2007.

Dort wird eine römische Stellungnahme erwähnt. Prof. Dr. Albert Gerhards schreibt dazu:
Prof. Dr. Dorothea Sattler hat sich in ihrer Habilitationsvorlesung eingehend mit dem "filioque" befasst: Einheit im Ursprung - Einheit im Wesen. Zugänge zum trinitarischen Monotheismus in der östliche und in der westlichen Christenheit: TrThZ 106 (1997)189-207.
Demnach stellt sich die Sache so dar: Bei ökumenischen Begegnungen ist auf das "filioque" zu verzichten. Dies ergibt sich aus einer Klarstellung in Verantwortung des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen "Die griechische und die lateinische Überlieferung über den Ausgang des Heiligen Geistes": US 50 (1995)316-324. Darin wird die Gültigkeit beider Fassungen in ihrem jeweiligen Kontext anerkannt. Das Problem liegt in der unterschiedlichen Bedeutung von "εκπορευσις" (ekporeusis, ursprungsbezogen) und processio (wesensbezogen). So habe die Katholische Kirche die Einfügung des "και του υιου" (kai tou hyou - filioque) in den griechischen Text abgeleht, "auch nicht bei seinem liturgischen Gebrauch durch die Lateiner" (S. 317) "Die liturgische Verwendung dieses originalen Textes bleibt in der Katholischen Kirche stets legitim" (S. 321).
Dorothea Sattler weist darauf hin, dass Papst Benedikt XIV. im 18. Jahrhundert den unierten Orientalen empfohlen hat, ihren landessprachlichen Übersetzungen die ursprüngliche Form des Symbolum Constantinopolitanum zugrunde zu legen. also ohne "filioque". (Sattler 204). 1981 ließ Johannes Paul II. [1] [2] [3] [4] bei der Feier zum Gedächtnis des Ersten Konzils von Konstantinopel von 381 "1600 Jahre danach" den Text des Credos selbstverständlich ohne "filioque" sprechen (keiner der Links macht darauf aufmerksam, ebensowenig machen die Kommentare zu "Dominus Iesus" auf das Fehlen des "filioque" aufmerksam), und diese Praxis ist bei ökumenischen Begegnungen und bei feierlichen Messen des Papstes inzwischen üblich.
Fazit: Wer bei ökumenischen Begegnungen mit Orthodoxen auf dem "filioque" beharrt, widerspricht nicht nur ökumenischem Geist, sondern auch der Tradition der römisch-katholischen Kirche. (Prof. Albert Gerhards 28.11.2008)

Die Unterkommission Gotteslob meint hingegen, im neuen Gotteslob könne das Credo nur mit "filioque", aber ohne Anmerkung dazu stehen. Sie schreibt am Montag, 20. Oktober 2008:
"Die Unterkommission ist ausdrücklich nicht berechtigt, Inhalte liturgischer Bücher - in welcher Form auch immer - abzuändern. Unter dieses Änderungsverbot fallen auch Zusätze durch Anbringung von Fußnoten, so dass für die Unterkommission derzeit kein Spielraum für etwaige Überlegungen besteht. Sofern die deutsch-sprachigen Diözesen die Inhalte ihrer liturgischen Bücher entsprechend ergänzen sollten, verändert sich selbstredend die derzeitige Sachlage."

Dr. Nikolaus Wyrwoll
Ostkirchliches Institut
Regensburg