OKI-Logo Fest des heiligen Pastor
in der Kirche San Pastore
27. Juli 2007

 

 

Pastor der Hirt

 

Zu meiner ersten "San-Pastore-Zeit" während der römischen Studien, erstmals drei Monate im Sommer 1953, waren auf den umliegenden Bergdörfern die meisten Männer Hirten.

Heute haben wir uns versammelt zum "Mahl des Lammes", zusammen mit einem Oberhirten, unserem frater maior Bischof Manfred Scheuer von Innsburck, und zusammen mit mehreren Seelsorgern-Pastoren-Hirten.

Schon vor fast 2 000 Jahren, machten Mitglieder der römischen christlichen Urgemeinde hier Sommerurlaub, um der römischen Hitze zu entfliehen.

Besonders die Familie des Besitzers dieser Land-Villa hier an der Via Praenestina: der Senator Pudens mit seiner Frau Priszilla, mit ihren Kindern Praxedis, Pudentiana, Timotheus und Novatus. Dabei der Freund des Hauses, der Presbyter Pastor, der später einen Teil des Familienbesitzes ererbte, und nach dem diese Kirche und die heutige Villa benannt wurde. Als Memoria haben wir einige Reliquien hier in der Kirche.

Vielleicht war auch der heilige Petrus hier auf Sommerurlaub; er war in Rom Gast des Senators Pudens; später residierten und zelebrierten seine Nachfolger im Haus des Pudens, und diese waren vielleicht im Sommer auch hier, wie sich jetzt die Nachfolger des Heiligen Petrus in der Nähe, in der Sommerresidenz in Castel Gandolfo erholen.

Vielleicht haben auch einige Mitglieder der römischen Urgemeinde hier Sommerurlaub gemacht, die uns namentlich bekannt sind aus dem letzten Kapitel des Römerbriefes, an die Paulus besondere Grüsse schickt, Männer wie Andronikus, und viele Frauen: Priska und Aquila, Typhäna und Tryphosa, Persis, die Mutter des Rufus, Junia und Julia, Olympas und die Diakonissa Phöbe, die Paulus schon von Kenchräa her kannte und die sich "um ihn viel abgemüht hatte im Herrn", wie er schreibt. Sie war auf seine Empfehlung hin in Rom Gemeindeassistentin und Caritasreferentin (Röm 16, 1-16). Wir wissen nicht viel mehr als ihre Namen, aber mehr wissen wir auch nicht über die Dominikanergeneräle und ihre Assistenten, und über die vielen Generationen der Germaniker, die hier seit mehr als 150 Jahren ihren dreimonatigen Sommeraufenthalt verbrachten.

Damals wie heute haben sie hier die klassische Landschaft der Römischen Campagna erlebt und deren Früchte genossen bei Brot, Wein und Grill-Abenden. Sie hatten auch eine Piscina, deren Mauerreste mit opus reticulatum wir heute noch bewundern können.

Sie wanderten und wallfahrteten. Noch nicht, wie wir, zu den Marienheiligtümern nach Genazzano und zur Mentorella. Wohl aber zum nahe liegenden prächtigen großen Heiligtum der Fortuna Primigenia in Praeneste-Palestrina. Oberhalb, innerhalb der Etrusker-(Zyklopen)-mauern thront jetzt Castel San Pietro.

Vielleicht wallfahrteten sie auch nach ihrer Bekehrung zum Christentum, weil sie in der hohen Frauengestalt der Primigenia eine Vorausahnung der Frauengestalt spürten, die in den letzten Büchern des Alten Testaments, den so genannten "Weisheitsbüchern" erscheint: wir haben diese Texte über die sapientia creata in San Pastore jeden Tag gelesen im Marianischen Offizium, z. B.: "Der Herr hat mich geschaffen als Anfang seiner Wege, vor seinen Werken in der Urzeit...ich war seine Freude Tag für Tag und spielte vor ihm allezeit...und meine Freude war es, bei den Menschen zu sein" (Spr. 8,22-31) und solche Weisheitstexte wurden an den Marienfesten als Lesungstexte in der Messe vorgetragen, bis nachkonziliare Liturgisten sie daraus entfernten.

Unser Spiritual P. Wilhelm Klein erzählte uns hier in San Pastore begeistert und begeisternd in seinen Betrachtungen zum XII. Buch der Confessiones an der hiesigen Lourdes-Grotte, wie der heilige Augustinus und auch er selbst dabei die Gestalt der "reinen Schöpfung" entdeckte, die nicht wesensgleich ist mit Gott, wohl aber teilnehmen darf an all den Eigenschaften des Göttlichen durch Teilhabe, quia sine labe in aeternum - quia grandi amore adhaeret Deo; Augustinus nennt sie mater nostra, coelum coelorum, himmlisches Jerusalem, tibi suspirat peregrinatio mea: et dico ei, qui fecit te, ut possideat et me in te, quia fecit et me (lib.XII cap 15 und 16) -- und P. Klein sah diese sapientia creata in Maria und im Mysterium der Kirche.

Wir lasen mit ihm auch die "Visionen" eines (anderen) Pastor - griech. Hermas - der im Traum eine schöne Frau sieht -- mal alt als Matrone, mal jung als Mutter, mal jugendlich als Braut, aber immer mit grauen Haaren -- und sein Begleiter sagt ihm auf seine Frage, warum denn hat sie immer schon graue Haare? "Sie ist die Kirche: ecclesia est. Et dixi ei: quare senior? Et ait mihi: quoniam prior omnium creata est, propterea senior est, eo quod propter ipsam saeculum creatum est" (visio II, 4).

Das hat mir erleichtert, etwas von der Sophiologie der großen Russischen Religionsphilosophen (Solov'ev, Florenskij, Bulgakov) zu verstehen, die auch die jungfräulich-mütterliche Gestalt der Sophia auf Maria und auf die Kirche beziehen.

P. Klein sah darin einen theologischen Hintergrund für seine Marienverehrung aufgrund des Büchleins "Das Geheimnis Mariens" vom Hl. Ludwig Maria Grignon von Montfort.

So können auch den vielen Urlaubsgästen von heute manche guten Gedanken kommen in diesem "irdischen Paradies" von San Pastore.

Dr. Albert Rauch
Ostkirchliches Institut
Regensburg