OKI-Logo Statio am Sonntag, 7. Oktober 2007
in Braunschweig

Investitur des Ordens vom Hl. Grab in Jerusalem

 

 

Statio - stehen bleiben - Statik gewinnen - Standhaftigkeit - Statio… können wir das? die Zeit bleibt doch nicht stehen, was eben noch als Zukunft vor uns lag - z.B. diese Statio - ist jetzt schon Gegenwart und wird gleich als Vergangenheit hinter uns liegen. Auch mein gegenwärtiges Befinden jetzt, mein Ich wird gleich abgelöst werden durch mein Ich in neuer Umgebung.

Es gibt keine Statio in dieser unbeständig vergehenden Zeit. Dennoch brauchen wir Christen nicht zum Augenblick zu sagen: "verweile doch, du bist so schön!" Denn wir leben nicht nur in dieser Zeit, wir leben aus dem Hl. Grab zu Jerusalem auch in jener Zeit, in jener besonderen Zeit Gottes, die ständige Gegenwart ist, Kairos. In jeder hl. Messe erinnert uns der Diakon an jene besondere Gottes-Zeit, bevor er den vorgesehenen Abschnitt aus dem Evangelium beginnt, stellt er ihm drei Worte voran: In jener Zeit - In jener Stunde. Nicht in irgendeiner Vergangenheit geschieht das, was ihr gleich als Evangelium über Jesus hören werdet, sonder es ist Frohe Botschaft, weil es heute mit uns und unter uns geschieht, im Kairos.

Wir Deutschen haben es nicht so leicht wie unsere Schwestern und Brüder in Griechenland, das IN JENER ZEIT richtig zu verstehen, wir haben nur das eine Wort ZEIT, sie haben zwei Worte, hören das auf Griechisch en tó kairó, in jenem Kairos, nicht im Chronos. Der Kronos ist die fließende Zeit, wir messen sie mit dem Chronometer, aber sie fließt weiter und tötet die Gegenwart. Der Kairos ist die Gegenwart Gottes, in IHM leben wir bewegen wir uns und sind wir, der Kairos ist der siebte Schöpfungstag, in dem alles gleichzeitig und gleichgegenwärtig in Harmonie in Gott ruht.

Das Pontifikalamt heute feiern wir also nicht nur im größten Kirchengebäude des Bistums Hildesheim, sondern wir nehmen teil an der himmlischen Liturgie. Wir feiern nicht nur mit Bischof Norbert von Hildesheim, sondern Christus selbst ist der Priester, der Altar und das Opferlamm. Beide Zeiten, den Chronos und den Kairos, bedenken wir in dem Gebet, das wir so oft sprechen: Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang (das ist die Vergangenheit), so auch jetzt (das ist die Gegenwart) und allezeit (das ist die Zukunft), und in Ewigkeit (das ist der Kairos, die ständige Gegenwart Gottes, ewig, Äos die Morgenröte, jeden Tag neu).

Im Kairos, in jener Zeit, in der himmlischen Liturgie, die wir gleich feiern, sind darum auch alle gegenwärtig, die schon abgereist sind, alle die uns lieb sind, alle die uns Sorgen machen, mitten unter uns betet der Prophet Habakuk und der Apostel Paulus und der hl. Lukas, lebendig mit dem Lebendigen Gott ist der Komponist Ludwig Spohr mit dem Chor. Und auch unsere Sünden sind nicht unrettbar Vergangenheit, sondern wir legen sie im Confiteor und im Kyrie vor Gott und Er macht sie ungeschehen. Schreiten wir also von dieser Statio hinein in jene Zeit, in Gottes Kairos. Beten wir gemeinsam "Ehre sei dem Vater…"

Dr. Nikolaus Wyrwoll
Ostkirchliches Institut
Regensburg